1. Auszeichnungsrunde: knapp 200 Schulen für ihre Leistungen während der Pandemie ausgezeichnet
Die Mittelschule Waldsassen ist eine der Preisträgerschulen in Bayern
Prämiert werden besondere Eigeninitiative und Ideenreichtum bei der Gestaltung der Corona-bedingten Abläufe / Kultusminister Piazolo: „Eigenverantwortung als wichtiger Erfolgsfaktor von Schule in Zeiten der Pandemie“
Schulen sind den Herausforderungen der Corona-Pandemie kreativ begegnet. Für ihre individuellen Konzepte werden nun in einer ersten Auszeichnungsrunde knapp 200 bayerische Schulen mit je 1000 € ausgezeichnet.
Die Corona-Pandemie hat den Schulbetrieb völlig auf den Kopf gestellt. Innerhalb kürzester Zeit musste der Unterricht an völlig neue Gegebenheiten angepasst werden und muss es immer noch. Dazu waren und sind insbesondere Kreativität und Ideenreichtum seitens der Lehrkräfte und auch der Schulleitungen notwendig. Das breite Spektrum an eingereichten Projekten zeigt, wie auch während der Zeit der Schulschließungen und in schwierigen Zeiten ein qualitativ hochwertiges und abwechslungsreiches Bildungsangebot in der Schulfamilie sowie das Zusammengehörigkeitsgefühl aufrechterhalten werden konnte: An vielen Schulen in Bayern wurde regelmäßig virtuell gemeinsam Sport gemacht und musiziert, nicht nur die Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Eltern haben aktiv mitgemacht, häufig waren auch die Partnerschulen im Ausland mit von der Partie. Opernbesuche wurden online durchgeführt und neuen Schülerinnen und Schülern wurden die Schulhäuser am jährlichen Infotag und Schnuppernachmittag kurzerhand im Internet gezeigt. Viele Schülerinnen und Schüler wurden im Rahmen der SMV aktiv und haben für ihre Mitschülerinnen und -schüler die verschiedensten Aktionen online oder in eingeschränkter Form auch in Präsenz ermöglicht – vom Spieleabend bis hin zur Mitorganisation der Sommerschule.
Kultusminister Piazolo: „Ich bin beeindruckt, wie die Schulen mit den Herausforderungen der Corona-Pandemie umgehen. Sie haben eigenverantwortlich Lösungen entwickelt, um den Zusammenhalt zu stärken und die Bildung unserer Kinder und Jugendlichen zu sichern. Ich freue mich daher ganz besonders, knapp 200 Schulen für ihr besonderes Engagement prämieren zu können.“
Auch Staatssekretärin Anna Stolz ist begeistert: „In der Zeit des Distanzunterrichts konnten die Schülerinnen und Schüler nicht die Schule. Daher musste der Unterricht zu ihnen nach Hause kommen. Die Schulen haben dazu eine unglaubliche Vielfalt an unterschiedlichen kreativen Ideen entwickelt, um die Schülerinnen und Schüler weiterhin aktiv in das Unterrichtsgeschehen einbinden zu können. Das verdient große Anerkennung!“
Zum Preisträgerprojekt „Augenweise – Sichtblicke“, Schülerkunst in Zeiten von Corona erläutert die Schulleiterin Claudia Strobel-Dietrich:
„Nichts war mehr wie vorher – die Zeit des ersten Lockdowns traf unsere Schüler:innen und Lehrer:innen gleichsam völlig unvorbereitet und mit voller Wut. Ständige Absprachen irgendwo zwischen Rationalität und endloser Betroffenheit- Dauerkraftanstrengung – Bündelung der Stärken – Teams auf gemeinsamen neuen Wegen – Vertrauen und Halt gegen Verunsicherung und Sorge – Ideen geboren aus einer fremden Situation – gelebter Fortschritt – erlebter Rückschritt – suchen und gewinnen oder vielleicht doch verlieren? Wenn die Situation für uns Erwachsene schon so schwierig schien, wie unerträglich musste sie erst für Heranwachsende sein, deren Leben sich schlagartig und für lange Zeit völlig verändert hat und damit Vertrautes und Liebgewordenes drohte, verloren zu gehen und Stück für Stück fremd zu werden? Alle diese Fragen trieben uns um. Neben der Nutzung und dem massiven Ausbau der digitalen Möglichkeiten konnten wir auf die heilende Wirkung der Kunst bauen. Öffnet sie doch immer wieder den Weg zu uns selbst und zu denjenigen, die versuchen sich ihr zu nähern! Das Projekt hat uns die Möglichkeit gegeben sehr schnell miteinander ins Gespräch zu kommen, Vertrauen zu fassen und wieder zusammenzuwachsen.“
„Wir alle freuen uns sehr über diesen Preis. Unser ganz großer Dank geht dabei besonders an unsere Schüler:innen aus den ehemaligen Klassen 6 GTK, 7 GTK, und 9M, die das Projekt mit Fachoberlehrerin Irmgard Zölch und Fachlehreranwärterin Alena-Sarah Kneidl vorangetrieben und mit großer Hingabe und Motivation realisiert haben. Herzlichen Dank ebenso dem Vereinsvorsitzenden des Kunsthauses Wolfgang Horn, der uns die Möglichkeit gegeben hat, das Ergebnis dieses gemeinsamen und besonderen Tuns öffentlich zu zeigen. Das Preisgeld wird für Gemeinschaftsaktionen der Klassen verwendet. Nach den Faschingsferien werden wir auch mit der SMV besprechen, ob ein Teil für Kinder und Jugendliche in der Ukraine gespendet wird.“
Kurzbeschreibung des vom Kultusministerium ausgezeichneten Projektes
Ausgehend von den Ideen und Wünschen der damaligen Klasse 7 GTK entstand eine Sitzinstallation, die für alle Schüler:innen der Mittelschule Waldsassen zur Verfügung stehen und – weil sie gleich nach dem ersten Lockdown entstand – an diese schwierige Zeit erinnern sollte
Schülerinnen und Schüler aus den Klassen 6 GTK, 7 GTK und 9M waren an allen Stellen des Gesamtprojekts involviert: Planung, Materialbeschaffung und -auswahl, Realisierung, Präsentation in der Öffentlichkeit sowie Implementierung in den Schulbetrieb befanden sich komplett in Schülerhand – Groß unterstützte Klein, eigene Ressourcen (Schülerwissen und -begabung) konnten immer wieder genutzt werden und hielten das Gesamtprojekt am Laufen. Beteiligte Lehrer:innen verstanden sich als Ansprechpartner*innen und Prozessbegleiter:innen. Nach einer Schaufenster-Ausstellung im Kunsthaus Waldsassen über die Weihnachtsferien, steht die Installation „Schülerkunst in Zeiten von Corona“ heute in der Schulaula, ergänzt durch fotografische Momentaufnahmen eines Schülerteams aus dieser Zeit. Sie dient der gesamten Schülerschaft als Treffpunkt im Schulalltag für gemeinsame Aktivitäten wie Brettspiele oder Bastelaktionen. Die Sitzinstallation wird gerne genutzt, ist geschätzt und wird immer Teil der Erinnerung an die schwierige Zeit des ersten Lockdowns bleiben.
Schülerstimmen aus verschiedenen Klassenstufen
Unser Projekt „Schülerkunst in Zeiten von Corona“ hat unseren Zusammenhalt in diesen schwierigen Zeiten gestärkt. Man konnte dabei im Wechselunterricht und in der Notbetreuung endlich wieder seine Freunde treffen, denn viele von uns durften lange Zeit keine Freunde und nicht einmal Familienmitglieder sehen. Am Projekt fanden wir sehr besonders dass wir unsere Ideen beim Erstellen unserer Sitzgruppe für die Schule mit alten und einigen neuen Dingen selbst verwirklichen durften. Wenn etwas nicht geklappt hat, haben wir uns zusammengesetzt und besprochen, wie wir es besser machen könnten. Wenn wir dann noch Hilfe gebraucht haben, haben wir unsere Lehrerin und unsere Technik-Schüler*innen aus der Klasse 9 M gefragt. Wir mussten unseren großen Arbeits- und Spieltisch auf eigene Weise stabilisieren, weil er wegen der Größe unstabil war. Dafür haben wir noch zusätzliche Zierleisten eingezogen. Das Design der Stühle haben wir auch selbst entworfen. Die Farben durften wir uns aus dem Material-Lager zusammensuchen und damit experimentieren.
Ich werde mich noch lange daran erinnern, denn wenn ich später eventuell einmal eine Familie und Kinder habe, kann ich ihnen erzählen, wie schlimm diese Zeit war und wie schön es war, dass wir wieder gemeinsam in die Schule gehen und unsere Klassenkollegen treffen durften. Und darüber, dass wir als Andenken an diese Zeit unser Kunstwerk erschaffen haben. Sehr besonders war daran auch noch, dass jeder von uns das machen konnte, was ihm besonders liegt. So war es uns auch möglich, neue Stärken bei uns selbst herauszufinden.
Bei diesem Projekt waren sehr viele Schüler*innen dabei, denn als wir wieder in die Schule durften, haben wir immer wieder über das Thema Corona geredet. Es ging ja alle etwas an, jeder war davon betroffen.
Unser Kunstwerk hat jetzt einen Platz in der Aula bekommen, wo wir in den Pausen Karten oder Brettspiele spielen und manchmal auch etwas essen.
(Von Andy und Basti, damals Schüler der Klasse 7 GTK und jetzt Neuntklässler)
Meine Mitschüler*innen und ich aus der damaligen Klasse M 9 haben den selbstgefertigten Tisch und einige der selbstgestalteten Stühle in das Waldsassener Kunsthaus transportiert und arrangiert. Ab und zu haben wir den jüngeren Schülern handwerklich oder mit Tipps geholfen, wenn sie beim Bau nicht weitergekommen sind. Das hat uns auch besonders mit dem Kunstobjekt verbunden.
Im Kunsthaus präsentierte die Mittelschule Waldsassen die Sitzmöbel mit passenden und von Schülern meiner Klasse aufgenommenen Schnappschüssen zum Thema: „Corona – und was es mit uns macht“ im Schaufenster aus. Dadurch wurde die Kunst der Schüler, die während Coronazeit gefertigt wurde, für die breite Waldsassener Bevölkerung zugänglich gemacht. Durch unsere Schaufenster-Ausstellung konnten die Schüler*innen ihren Eltern die Resultate unserer Auseinandersetzung mit dieser schwierigen Zeit zeigen. Das hat uns auch noch einmal geholfen, mit Eltern, Freunden und der Familie über das Thema ins Gespräch zu kommen.
(Von Robin, damaliger Schüler der M 9, jetzt in Klasse VK 10/2)
Ich bin Lotte und 16 Jahre alt. Ich erlerne den Beruf der Pflegekraft. Während des Projekts „Schülerkunst in Zeiten von Corona“ besuchte ich die Klasse 9 M. Das Projekt hat mir zu der Zeit der Schulöffnung nach dem ersten Lockdown die Möglichkeit der ersten gemeinschaftlichen Zusammenkunft mit meinen Klassenkameraden und Freunden ermöglicht – trotz der bestehenden Abstandsregeln. Die Zusammenarbeit im Projekt bleibt für mich als „Ehemalige“ unvergesslich. Meiner Meinung nach ist es dazu geeignet, zukünftigen Schülergenerationen nahezubringen, wie die Situation für uns alle war und half auch uns selbst sehr, als wir zusammen kreativ arbeiteten. Im Rückblick werde ich unseren Austausch damals über unsere Gefühle und Ängste und die Freude, alle gesund wiederzusehen, im Herzen behalten. Fotomotive und Begriffe, die wir gemeinsam in die Holzhocker eingebrannt haben, wählten wir selbst. Sinnbildlich haben wir dabei auf die Themen zurückgegriffen, die sich in dieser Zeit auch in unsere Seele eingebrannt haben und uns beschäftigten.
„Schülerkunst in Zeiten von Corona“ hat für mich großen Einfluss auf die Erinnerung an diese Zeit im Nachhinein – die Schulöffnung und unsere künstlerische Auseinandersetzung war trotz Wechselunterricht und Notbetreuung eine Zeit, die mir durch die geregelten Abläufe viel Sicherheit gegeben hat und uns Raum gab, langsam und intensiv wieder in der Gemeinschaft anzukommen.
Wir sind Svenja und Emily, zwei ehemalige Schülerinnen der Klasse 9 M. Wir beide beschreiten nach dem M-Abschluss unterschiedliche Wege. Svenja hat sich für die die FOSBOS entschieden und möchte gerne Abitur machen. Emily macht eine Ausbildung zur Steuersekretärin. Wir beiden haben in unserer damaligen Klasse die Fotografien für unsere Ausstellung im Kunsthaus koordiniert und in die Sitzmöbel-Installation thematisch eingebaut. Unsere Idee dabei war, die Ausstellung komplett zu machen und Emotionen aus der Zeit des Lockdowns und kurz danach im Bild festzuhalten. Viele Ideen haben wir dabei ganz unkonventionell umgesetzt um das für uns perfekte Bild zu bekommen. – Emotionen konnten wir ja zu dieser Zeit nur durch die Augen ausdrücken, da die Gesichter durch dicke Masken verdeckt waren. Dabei haben wir entdeckt, dass Augen der Schlüssel zu unseren Herzen sein können. Um für uns passende Momente einzufangen, haben wir verrückte, für uns in dieser schwierigen Situation befreiende Dinge gemacht. So haben wir uns zum Beispiel in den Schnee gelegt, um das beste Licht einzufangen. Ich werde auch nicht vergessen, wie unsere Lehrer auf unsere Bitte reagiert haben, ein Augen-Masken-Bild von ihnen einzufangen. Am Projekt haben wir selbstbestimmt und eigenständig mitgewirkt. Damit konnten wir uns auf völlig neue Aspekte einlassen und in der Klasse und mit den anderen Klassenstufen kreativ zusammenarbeiten, die am Projekt beteiligt waren. Natürlich haben wir unsere Motive selbst ausgesucht – es war ja auch unser Projekt mit dem wir unsere Gefühle, auch unsere Ängste und Nöte verarbeiteten, etwas Aussagekräftiges erschaffen, denn wir konnten uns lange Zeit nur mit Maske sehen und die Situation erschien uns befremdlich – das ist auch heute immernoch so. Auch wenn die Pandemie eine besonders schwere Situation für uns Jugendliche ist, hat sie uns in der Schule gemeinsam auf ganz andere Weise kreativ werden und viel intensiver ins Gespräch kommen lassen. Anderen Schüler*innen möchten wir Mut machen, sich viel öfter auf solche Vorhaben in der Schule einzulassen und sie auch selbstständig in die Hand zu nehmen, aktiv zu werden. Das ist eine wirklich besondere Chance für uns Jugendliche!
Weblink zum Projekt
Die Projektbeschreibung mit einem Kurzvideo, Zeitungsartikeln und Texten kann man auf der Homepage der Mittelschule Waldsassen unter www.mittelschule-waldsassen.de ansehen.
Herzlichen Glückwunsch!
Wir sorgen mit unserem vielfältigen und anspruchsvollen Schulleben für kulturelle Impulse in unserer Region und darüber hinaus!